Eine Runde Gemaccer

Ich und mein Computer,
wir waren mal ein Team.
Plastik mit dem Apfel,
ich werd dich nie versteh'n!
Deichkind

Leos Schule macht einen auf BYOD, die Schüler brauchen also alle ihr eigenes Notebook in der Sekundarstufe. In der Grundschule haben sie alle in der Klasse Chromebooks und im Onlineunterricht ist Leo mit einem älteren Thinkpad mit Linux und XFCE4 sehr gut zurechtgekommen. Jetzt lautet die Policy “nur Windows oder Mac”. Da könnte ich mich ja schon länglich drüber aufregen, aber angesichts der Reaktion auf meinen Vorschlag, die semioffizielle Elterngruppe mal von WhatsApp auf was weniger datenkrakigerers zu verlegen (nämlich exakt null, sowohl von Eltern als auch Direktorat) habe ich momentan keinen Nerv, von Ferne auch hier den OS-Freiheitskämpfer zu geben.

Außerdem gab’s hier grad günstig MacBook Airs (MacBooks Air?) mit M1-CPU, die ja schon ganz cool ist, und ich habe selber lang kein aktuelles OSX bedient, von daher war ich auch mal neugierig und habe eins erstanden und rudimentär eingerichtet.

OMFG.

Beim Erststart kommen schon ein Haufen Fragen – alles halbwegs sinnvoll, aber auch nicht einfacher als aktuelle Linux-Distributionen. Sowas wie Plattenverschlüsselung ist wohl gar nicht erst vorgesehen?! Das macht ja selbst Windows besser. Schön auch, dass “English (Sri Lanka)” die einzig auswählbare Option ist, wenn man angibt, sich in Sri Lanka zu befinden. Abgesehen vom voreingestellten Sinhala, das man immerhin entfernen kann, aber kein Tamil (hätte man vielleicht noch hinzufügen können, hoffe ich zumindest). Dann will er eine “Apple ID” erstellen, das braucht man wohl. Alle Daten eingegeben, incl. Geburtsdatum, Telefonnummer und Email-Adresse (srsly?! 😡), und er will immer noch mehr: eine Rechnungsadresse, obligatorisch selbst wenn man “None” als Bezahlungsmethode (für was eigentlich?) auswählt. Da gibt er sich mit Fake-Daten zufrieden, verifiziert nur mit verschickten Codes, dass Email und Telefonnummer stimmen, meldet am Ende aber irgendwas in Richtung “Could not save your data” – man kann’s nicht wirklich lesen, weil der Dialog nur kurz aufpoppt und sofort wieder weg ist. Aber dann geht’s irgendwie trotzdem weiter, man erstellt seinen Account mit was anderem als dem dämlichen Standardvorschlag für den Benutzernamen und die Kiste läuft. Tolles Display, solang keine Sonne drauf scheint. “Eindeutig: Spielcomputer” hieß es beim Amiga immer angesichts des nicht entspiegelten Bildschirms.

Nachdem er dann eine Weile gelaufen ist, merkt er auch gleich, dass es da Software zu aktualisieren gibt. Auf die Notification geklickt, Apple-Store geht auf, und da ist auch schon ein “Update All”-Knopf. Sehr intuitiv. Daraufhin meint der Store, man möge sich doch mit seiner Apple ID einloggen. Die, die vorhin nicht geklappt hat, weswegen da jetzt “local” vorausgefüllt ist. Das mit dem Accountpasswort funktioniert schon mal nicht, also brauch ich wohl tatsächlich eine Apple ID, bloß um ein paar Systemprogramme zu aktualisieren. Zum Glück ist da ein Button “Create Apple ID”, der zu einem Formular führt, das dem beim Einrichten sehr ähnlich sieht. Alles ausgefüllt, brav die 2FA-Codes wieder verifiziert – Fehler: “We ran into a problem. Please try again later”. JA SUPER! Bloß nicht sagen, was das Problem war, das könnte den Benutzer beunruhigen! Trying again later funktioniert natürlich auch nicht. Gut, dass nur ein halbes Dutzend Apps zu aktualisieren war, denn der Login-Request, den man nicht erfüllen kann, kommt für jede einmal, ohne dass man das abbrechen könnte.

Gehen wir halt die Konkurrenz fragen. Google findet mir gleich eine Seite, wo man eine neue Apple ID per Browser erstellen kann. Wieder den ganzen Tanz mit SMS und Emails und Trallalla, und auf einmal sind wir nicht wirklich weiter aber ein bisschen klarer: das geht nicht, weil Leo zu jung ist! Ja hättet ihr mir das nicht verfickt noch mal gleich sagen können?! Vielleicht gleich bei der Eingabe des Geburtsdatums? Himmelarschundwolkenbruch. Nee klar, “Ein Fehler ist aufgetreten”. Aber das konnte Apple ja schon in den 90ern gut: “Die Anwendung wurde unerwartet beendet, weil Fehler -2 aufgetreten ist”.

Zwischendurch hab ich dann Leo per Safari an seinem Schul-Google-Account angemeldet, weil das erstmal wichtiger war als die Updates. Das ist vermutlich alles schön special-cased in Safari, so dass der Browser gleich mit der Frage kam, ob ich denn auch andere Anwendungen diesen Account benutzen lassen wolle. Wollte ich mal, und prompt sind Mail, Kalender, Notizen etc. damit eingerichtet. Das fluppt durchaus – kaum trägst du deine Daten zum Markte, bieten dir alle wunderschönen Komfort dafür!

Zurück zu der Apple ID. Man muss also wie ich lese einen Erwachsenenaccount anlegen und Kinder dann per “Family Sharing” irgendwie ins Boot holen. Immerhin, jetzt kann ich mich selber anmelden, nachdem ich das 20-Zeichen-Passwort fast auswendig kann, so oft hab ich’s eingegeben. Wie macht man nun dieses Family Sharing? Jahaaa, das wäre zu einfach, wenn man das jetzt auch per Browser könnte! Dafür braucht man Apple-Hardware. So ein Zufall, da hab ich gerade eine da. Ich muss also das Notebook erst mal mit meinem Account benutzen, dann damit Family Sharing an und Leo eine ID machen, und dann hoffen, dass ich diese Verknüpfung wieder lösen und stattdessen Leos ID benutzen kann.

Im Apple Store kann ich mich jetzt einloggen, nachdem ich einen per SMS empfangenen Code eingegeben habe. Leider ist das nicht der relevante Login fürs Family Sharing, und andere Apps dürfen zwar gleich auf den Google-Account zugreifen, aber den Apple-Account können sie wohl nicht gemeinsam benutzen. Na gut, also nochmal: Apfelmenü, System Preferences, Passwort, SMS, klappt. Jetzt hab ich da einen “Apple ID”-Knopf, und wenn ich den drücke, sagt er mir nicht direkt irgendwas über meine Apple ID, aber immerhin welche Apps iCloud benutzen. Sowas wie “Stocks”, “Home” und “Safari” z.B. – man frage mich bitte nicht, was das bedeutet, dass “Home” jetzt “iCloud benutzt”, ich habe keinen blassen Dunst. “Mail” benutzt iCloud angeblich nicht. Ich wüsste auch nicht, wozu, aber das kann man ja mal ausprobieren. Also Haken gesetzt, und schon soll ich mir eine @icloud.com-Adresse aussuchen, die, wie Apple mich warnt, nach dem Einrichten nicht geändert werden kann. Äh, was? Das muss dieses Immutable Object Pattern sein, von dem man immer hört. Unter dem Menüpunkt “Name, Phone, Email” kann ich aber mein Geburtsdatum ändern, wenn sich das mal ändern sollte, das ist nett von Apple. Wer braucht schon neue Email-Adressen? Das ist per Definition alles intuitiv und leicht bedienbar, das hätte meine Großmutter gekonnt, keine Frage!

Und dann poppt aus dem Nichts (gut, vielleicht hab ich was gemacht, aber wahrscheinlich hat bloß irgendwas festgestellt, dass ich jetzt iCloud kann) diese Nachricht auf:

Do you want to merge Safari with iCloud? Your information on this Mac will be uploaded and merged with the Safari stored in iCloud.

Was jetzt? Ich dachte eigentlich seit Ewigkeiten, Safari sei der Browser von Apple. Jetzt gibt es also ein Safari, das “in iCloud gespeichert” ist, und mit dem man unspezifizierte (alle!?) Informationen auf meinem Mac zusammenführen kann um … was genau zu erreichen? Ich vermute ja, es geht ihnen darum, Bookmarks etc. per iCloud zu synchronisieren. Aber während “kryptischer Jargon” wie, sagen wir

no matching key exchange method found. Their offer:
diffie-hellman-group14-sha1,diffie-hellman-group1-sha1"

mit maximal etwas Nachlesen klar zu interpretieren ist, kann man bei so einem Geschwafel wirklich nur raten. Diese seit über siebeneinhalb Jahren unbeantwortete Frage ist entsprechend auch das einzige, was man dazu so findet.

Wie ich übrigens den Screenshot von der Dialogbox gemacht habe? Na das geht ganz einfach auf dem Mac, Command-Shift-3 natürlich! Nicht so komplizierte Sachen wie “Druck” oder “PrtSc” auf Frickelbetriebssystemen. Man muss nur auf die Tastatur schauen, dann nochmal schauen, ein bisschen fluchen, Google fragen, einen Blog-Rant drüber schreiben, damit man sich das auch merken kann, und schon geht das. Intuitiv. Wenn man das gemacht hat, erscheint ein Thumbnail davon irgendwo beim Mülleimer. Wenn man da draufklickt, öffnet sich brav ein Malprogramm, wo man ihn zurechtschneiden und per Mail verschicken kann. Das macht da natürlich ein JPEG draus, während der Screenshot selber (immerhin!) ein PNG ist. Dafür kommt aber ein schönes WUSCH! in räumlichem Stereo aus dem Lautsprcher, wenn die Mail raus geht. Prioritäten!

Mit dem Family Sharing bin ich immer noch nicht wirklich weiter. Zwar habe ich das anschalten können, aber ich bin immer noch der einzige in der Familie. Der Versuch, Kinder hinzuzufügen (Partner sind wohl nicht vorgesehen), führt hierzu:

Cannot connect to iCloud. Try again later.

Wie man an der fetten Schattierung sehen kann, liegen da ca. 30 identische Dialoge übereinander. Davon geht nämlich ca. alle zwei Sekunden einer auf, wenn man den ersten nicht sofort wegklickt, und zwar während die Internetverbindung vollkommen OK ist. Es gibt bestimmt einen einleuchtenden Grund dafür, den OSX mir aber rücksichtsvoll verheimlicht. Klickt man sie weg, wird man wieder zum Play Store geschickt, um endlich doch eine Bezahlmethode einzutragen. Völlig klar, Leute ohne Kreditkarte sollten keine Kinder haben dürfen.

Parental Consent: to provide consent to create this child account, a payment method is required. You can add a payment method by going to the App Store on this Mac.

Mal sehen, ob ich dazu in absehbarer Zeit den Nerv habe. Bis dahin arbeitet Leo halt unter meinem Account 🤦