Saussure und die rote Limo

Mir fällt immer das Lieblingszitat meines Linguistikprofs über Saussures Semiotik ein, wenn ich hier auf der Straße diese Flaschen rote Limo rumstehen sehe: die Bedeutung eines Zeichens ergibt sich aus seiner Kernbedeutung und seinem Gebrauch im jeweiligen Kontext. Da gibt’s nämlich zwei verschiedene Arten Flaschen, die sich hauptsächlich duch ihren Kontext unterscheiden, aber das erheblich:

Die Spirit-Limo

Spirit-Limo

Diese hier haben die Nachbarn vor unserem Hoftor in einen Pflanzkübel gestellt. Abgebrannte Räucherstäbchen, Bananen und Kerzen dabei lassen erkennen: die ist für die guten Geister. Manche der Spirits bevorzugen wohl Spirituosen, die dann in kleinen Schnapsgläschen abgestellt werden, aber wenn es was nichtalkoholisches sein darf, dann eigentlich immer rote oder gelegentlich fluoreszingelbe Limo.

Die Sprit-Limo

Sprit-Limo

Die andere Sorte steht immer scheinbar unmotiviert am Straßenrand, umgefüllt in Wasserflaschen, und zeigt eine illegale Tanke an. Zwar gibt es reguläre Tankstellen wie Sand am Meer und an den unmöglichsten Stellen1, aber trotzdem verkaufen viele kleine Lädchen auch nebenher noch Sprit in Kleinmengen. Es dürfte eine Kombination aus Steuerhinterziehung und Brandgefahr sein, die das Verbot begründet, aber offenbar haben sie das Gesetz etwas überspezifisch geschrieben und den Leuten nur verboten, Spritflaschen zwecks Verkaufs an die Straße zu stellen. Wie gut, dass das Benzin von der Fanta kaum zu unterscheiden ist!


  1. Plausiblen Gerüchten zufolge hauptsächlich als Waschanlagen für chinesisches Geld aus dubiosen Quellen. Hier ist z.B. eine an einer furchtbaren Schlaglochpiste 200 m von der Hauptstraße weg, wo es deswegen genau null Durchgangsverkehr gibt. Wir fahren da öfter zum MTB-Training vorbei, aber ich habe noch nie irgendwen da tanken sehen. Kann mir niemand erzählen, dass die auch nur annähernd profitabel ist. ↩︎